
Rollentausch mit Lerneffekt
10. April 2025Schläge, Vernachlässigung oder psychischer Druck: Gewalt in der Pflege hat viele Gesichter. Beim Fachtag „Gewaltfreie Pflege“ im Gemeindezentrum Künzell, zu dem die Schutzambulanz des Landkreises Fulda Fachkräfte, Pflegeschüler und Interessierte eingeladen hatte, stellten Experten aus dem Gesundheitswesen Informationen, Strategien und Lösungsansätze in den Fokus ihrer Vorträge.
Als zuständiger Dezernent für Gesundheit eröffnete der erste Kreisbeigeordnete Frederik Schmitt den Fachtag und betonte, dass die außerordentliche Resonanz auf die Veranstaltung die Wichtigkeit des Themas widerspiegele. Erster Redner war Amtsarzt und Leiter des Kreisgesundheitsamtes, Prof. Dr. Dirk Breitmeier, der einen Überblick über die vielfältigen Formen zum Thema Gewalt in der Pflege gab. Der Rechtsmediziner erläuterte in seiner Präsentation mit plastischen Bildern die verschiedenen Formen von Gewalt und hob die Auswirkungen auf die Betroffenen hervor. Er erklärte mit Nachdruck, dass Einrichtungen, aber auch Beteiligte in der Pflege im häuslichen Umfeld Konzepte entwickeln müssten, um offen mit Konfliktsituationen umzugehen und Lösungen zu finden. Nach seinen Erkenntnissen hätten allein im vergangenen Jahr 92 Prozent der professionell Pflegenden selbst Gewalt erlebt, mehr als 70 Prozent hätten gegenüber Pflegebedürftigen Gewalt ausgeübt. Er warb dafür, sich in Konfliktfällen an die Schutzambulanz des Landkreises zu wenden, die in ihrer Art einzigartig in Hessen sei.
REFERENTINNEN VON ME:CARE UND MEDIANA
Für die Pflegefachschule me:care referierte Eva-Maria Klüh zum Thema Gewaltprävention in der Pflege. Ihr Vortrag stellte die gewaltfreie Pflege als erstrebenswertes Ziel in den Mittelpunkt. Sie ging auf die verschiedenen Formen von Gewalt ein und gab den Teilnehmern wertvolle Strategien an die Hand, um gewaltfreies Handeln im Pflegealltag zu fördern. „Wir haben das gesellschaftlich relevante Thema längst in unser Curriculum aufgenommen und auch in unseren Einrichtungen bei Mediana ist es Teil der Aus- und Weiterbildung. Interne Audits, Risikomatrix, Fallbesprechungen in den Teams sowie Befragungen unter Pflegeempfängern und unter den Mitarbeitenden sind wichtige Instrumente, um Gewalt in der Pflege aufzudecken“, so die erfahrene Pflegefachkraft und Dozentin.
Freiheitsentziehende Maßnahme (FEM) war das Thema von Olga Tigges vom Qualitätsmanagement bei Mediana. Sie thematisierte die Gratwanderung zwischen Schutz und Gewalt, die für viele Pflegekräfte eine herausfordernde Situation darstelle, und erläuterte den rechtlichen Rahmen. Neben Deeskalationsstrategien ging sie auf die Bedingungen zu FEM in der Praxis ein.
Weitere wichtige Beiträge zum Thema lieferten der sozialpsychiatrische Dienst des Kreisgesundheitsamtes, der Amtsleiter des Hessischen Amtes für Versorgung und Soziales, die Rechtsabteilung des Landkreises sowie die Opferschutzbeauftragte und der Präventionsbeauftragte der Polizei.

